15.02.2015
Wie geht man mit schulmüden Jugendlichen im letzten Semester um? Wie
holt man die Eltern ins Boot? Schule und Gewerbe wollen enger
zusammenarbeiten, um den übertritt der Jugendlichen in die Lehre zu
erleichtern. In Frick trafen sich Vertreter der Oberstufen sowie aus
Wirtschaft und Politik zu einem Austausch.
Bereits zum zweiten
Mal trafen sich Vertreter aus Schule, Politik und Wirtschaft zu einem
Workshop, um die Zusammenarbeit zu verbessern. Dieses Mal waren neben
der Oberstufe Frick auch die Oberstufen aus Gipf-Oberfrick und
Laufenburg vertreten.
Vor einem Jahr beschlossen die
Oberstufenschule in Frick und das Gewerbe Region Frick-Laufenburg
(Geref) enger zusammenzuarbeiten (die NFZ berichtete). Hauptgrund ist,
dass es für die regionalen Lehrbetriebe teilweise immer schwieriger
wird, genügend und geeignete Lehrlinge zu finden. Oder wie es Franziska
Bircher, Vize-Präsidentin des Geref, am Dienstag in Frick formulierte:
«Eine Folge von Lehrlingsmangel ist der Fachkräftemangel.» Deshalb setze
sich der Geref ein, um Schulabgänger für eine Lehre zu motivieren. Das
Thema hat sich das regionale Gewerbe schon seit längerer Zeit auf die
Fahne geschrieben. An der Expo 14, der Gewerbeausstellung in Frick im
letzten Herbst, standen die Lernenden im Fokus: Betriebe, die eine Lehre
anbieten, waren mit dem «L – Lehrbetrieb»-Label gekennzeichnet und die
Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau (BDAG) waren vor Ort.
Im Laufe des Jahres soll auf der Homepage des Geref eine Liste der
Lehrbetriebe in der Region aufgeschaltet werden. Jugendliche können sich
dort informieren, welche Ausbildungen die Firmen anbieten, ob eine
Schnupperlehre möglich ist und sie finden den entsprechenden Kontakt.
Optimaler übertritt
Bildungsdirektor Alex Hürzeler freute
sich, dass beim Thema übertritt von der Volksschule in den Beruf der
Aargauische Gewerbeverband und der Aargauische Lehrerverband
zusammenarbeiteten. Zwei Verbände, die sonst bei politischen Themen
nicht immer gleicher Meinung seien. «Es ist wichtig, dass der übertritt
für die Jugendlichen optimal ist», sagte Hürzeler in seinem Referat.
Dafür bräuchten sie Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und die
Unterstützung der Schule. Es sei auch wichtig, dass die Jugendlichen ihr
Ziel kennen würden, gleichzeitig aber auch einen Plan B hätten. «Die
Lehrstelle ist kein Lebensziel, sondern ein wichtiger Meilenstein»,
hielt Hürzeler fest. Das lebenslange Lernen sei eine Notwendigkeit.
Deshalb sollte man offen und flexibel bleiben. Als wichtige
Unterstützung für die Jugendlichen bei der Berufswahl sieht Hürzeler
neben den Lehrern auch die Eltern und die Beratungsangebote des Kantons.
Mit dem neuen Angebot «Lehrstelle Jetzt Plus» werden Schüler im 9.
Schuljahr unterstützt, die noch keine Lehrstelle haben (s. Infobox).
«Ziel ist es, den Direkteintritt in die Berufslehre zu verstärken»,
erklärte Hürzeler. Eine Zwischenlösung soll erst infrage kommen, wenn
die Chance auf eine Lehrstelle nicht mehr realistisch ist.
Zum
Schluss gab Hürzeler noch einen Ausblick zum Lehrplan 21, der im Aargau
bis im Jahr 2020 eingeführt werden soll. Dieser setze auf Können statt
auf blosses Vermitteln von Stoff. Theorie und Praxis sollen so näher
zusammengebracht werden. In die Stundentafel soll die berufliche
Orientierung miteinbezogen werden. Es sei kein grosser
Paradigmenwechsel, sondern ein zeitgemässes Instrument. Ausserdem
müssten die Lehrpläne sowieso angepasst werden. «Deshalb verstehe ich
die Aufregung teilweise nicht», erklärte Hürzeler. Lehre und Leere Der
Präsident des Aargauer Gewerbeverbandes Kurt Schmid erklärte, dass der
Mangel an Lernenden seit längerer Zeit immer auf dem zweiten Platz des
Sorgenbarometers steht, welches der Verband halbjährlich erstellt. «Die
Eltern haben eine wichtige Rolle in der Berufsvorbereitung ihrer
Kinder», meinte Schmid. Aber auch die Betriebe müssten ihre Lehrlinge
unterstützen und sie beispielsweise bei einer Berufsmeisterschaft
begleiten. Schmid kritisierte den Zustand, dass an der Berufsschule
teilweise Lehrer unterrichten würden, die seit Jahren keine
Weiterbildung mehr absolviert hätten. «Sie müssen auf dem aktuellsten
Stand sein», mahnte er. Indem er zwei Plakate mit den Worten «Lehre» und
«Leere» in die Luft hielt, wollte Schmid darauf hinweisen, dass
Schulabgängern immer öfters teilweise die Grundkompetenzen wie «Lesen,
Schreiben und Rechnen» fehlen würden.
Über 100 Teilnehmer
Hürzeler
und Schmid nahmen zusammen mit über 100 Lehrern, Firmen- und
Gemeindevertretern an den anschliessenden Workshops teil. Zentrale
Themen waren, wie man mit schulmüden Jugendlichen umgeht, wie man die
Eltern besser ins Boot holt und, wie man das letzte Semester im 9.
Schuljahr anders gestalten könnte.
Dabei zeigte sich, dass die
Praxis bei einigen Lehrern schon viel weiter geht, als die Theorie. So
erklärte ein Realschullehrer aus Gipf-Oberfrick, dass seine Schüler ab
dem Zeitpunkt, ab welchem sie einen Lehrvertrag haben, sich während
einer gewissen Zeit des Unterrichts spezifisch auf ihre Lehre
vorbereiten können. «Das motiviert die Schüler, damit sie nicht abhängen
», erklärte er. Dabei schauen sich die Schüler die
Ausbildungsreglemente an: Ein Schüler mit einer Lehre als Automechaniker
repetierte so beispielsweise die Berechnung von Kreisen und Volumen, da
er in der Lehre einen Zylinder berechnen können muss. Ein angehender
Landschaftsgärtner- Lehrling habe begonnen, die lateinischen Namen der
Pflanzen zu lernen. Ein weiterer Schüler habe bei einer Projektarbeit
eine Brücke über einen Bach gebaut, mit Baugesucheingabe, Sponsorensuche
und allem, was dazu gehörte.
Hürzeler warf die Frage auf, wie
wichtig der weitere Unterricht von Fremdsprachen für leistungsschwächere
Schüler sei. Ein politisch heikles Thema. Die Meinungen der Teilnehmer
gingen dabei auseinander. Die Tendenz war aber, dass der
Sprachunterricht sinnvoll und mit angepassten Lehrmitteln weitergeführt
werden soll.
Neben einer nötigen Neugestaltung des letzten
Semesters gehörten zum Fazit der Workshops auch, dass die Kommunikation
zwischen den Betrieben und der Schule verstärkt werden sollte. Schülern,
die bereits eine Lehrstelle haben, soll ermöglicht werden, dass sie
beispielsweise ein Praktikum oder ein Arbeitstag pro Woche im Betrieb
absolvieren können.
Lehrstellenbörse und Berufstage
Am
4. März, von 9 bis 17 Uhr, findet in Rheinfelden und an allen anderen
Standorten der Beratungsdienste für Ausbildung und Beruf Aargau (BDAG)
die Lehrstellenbörse statt. Es ist eine Plattform für Jugendliche, die
für den Sommer 2015 noch keine Lehrstelle gefunden haben und für
Betriebe, die für Sommer 2015 noch eine Lehrstelle zu vergeben haben.
Vom
24. bis am 26. März finden an der Oberstufe Frick und Laufenburg die
Berufstage statt. Schüler der Oberstufen Frick, Gipf-Oberfrick und
Laufenburg können sich dabei aus erster Hand bei Lehrlingen und
Ausbildnern über einen Beruf informieren.
www.beratungsdienste-aargau.ch
Bericht und Fotos: Layla Hasler, NEUE FRICKTALER ZEITUNG
GEWERBE REGION
FRICK-LAUFENBURG
5070 Frick